Nach der Wahl der Wahl in Italien warnt der Münchner Ifo-Chef: Das Land hat der nächsten Krise nichts mehr entgegenzusetzen
„Für die Italiener ist es rational, radikale Parteien zu wählen“, sagte der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, am Abend nach der Parlamentswahl in Italien vor dem Club Wirtschaftspresse in München. Die gegebenen Wahlversprechen führten zwar zu weiterer Stagnation und immer mehr Verschuldung, doch damit wachse auch das Erpressungspotential gegenüber den anderen Euro-Mitgliedern. Diese schöben in bewährter Weise der Europäischen Zentralbank (EZB) das Problem zur Lösung zu.
Dass Italien einerseits auf seine Selbstbestimmung poche, andererseits auf die Stützung durch die EZB setze, sei natürlich ein Widerspruch, meinte Fuest. Mit den wirklichen Problemen des Landes habe sich keine der Parteien befasst. Gegen die schon seit den 90er Jahren anhaltende Wachstumsschwäche habe keiner ein Konzept oder Programm präsentiert. In der nächsten größeren Wirtschaftskrise habe Italien keinerlei Spielräume mehr zum Gegensteuern.
Fuest beschwichtigte aber auch: „Es ist noch lange nicht soweit, dass Italien aus dem Euro-Raum austritt“. Selbst das wäre nicht das Ende der Euro-Zone. Erst wenn Deutschland oder Frankreich austräten, sei es vorbei. Auch ein Ansteigen der Zinsen sei für Italien weniger problematisch als etwa für Spanien, da der italienische Staat überwiegend bei der eigenen Bevölkerung verschuldet sei. Bevor aber die Staatsanleihen nicht aus dem Bankensystem entfernt seien (durch den Zwang der Unterlegung auch von Staatspapieren mit Eigenkapital), dürften Staaten wie Deutschland keinesfalls einer europäischen Einlagensicherung zustimmen, warnte der Ifo-Chef.
Fuest kritisierte im Club Wirtschaftspresse scharf das Europa-Kapitel des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD. „Das ist katastrophal; da sind 80 Prozent falsch“. Statt nach dem Brexit eine Ausgabenkritik anzustoßen, sage man ohne Not: „Wir wollen mehr zahlen“. Das könne er sich nur mit der Profilierungssucht einzelner Akteure erklären, sagte Fuest. Natürlich brauche es mehr Solidarität in Europa, aber eben gepaart mit mehr Haushaltsdisziplin als Gegenleistung. Dass Deutschland eisern an der „schwarzen Null“ festhalte, um mit dem gesparten Geld andere Staaten in Europa zu stützen, sei dem deutschen Wähler kaum vermittelbar.
Cornelia Knust